Club THS

Patientin mit implantierten Hirnschrittmachersystem Typ Activa PC und zwei Elektroden, Firma Medtronic
Patientin mit implantierten Hirnschrittmachersystem Typ Activa PC und zwei Elektroden, Firma Medtronic

In der fortgeschrittenen Phase der Parkinson-Erkrankung, wenn es insbesondere bei Patienten des rigid-kinetischen Typs zu starken Wirkungsfluktuationen (mit häufigen ON- und OFF-Phasen) und Dyskinesien (unkontrollierbaren Überbewegungen) kommt, oder beim Auftreten eines heftigen Tremors (Zittern) bei tremortypischen Parkinsonpatienten, bietet die Tiefe Hirnstimulation (THS, auch Deep Brain Stimulation = DBS genannt) eine Möglichkeit zur weiteren Therapie. Bei einem vom L-Dopa-Langzeitsyndrom verursachten Krankheitsbild bietet die Einsetzung eines elektronischen Schrittmachers in das Gehirn, der permanent elektrische Impulse gibt, eine weitere Behandlungsoption. Es wird allerdings empfohlen, dies bei Parkinsonpatienten mit ausgeprägten zusätzlichen neurologischen und psychologischen Störungen nicht durchzuführen.

Bis zum Ende der 80er Jahre hat man bei der Hirnoperation ablativ sehr kleine Zellgebiete entweder mechanisch oder durch Wärme- und Kälteeinwirkung dauerhaft zerstört, um bestimmte Hirnareale, die durch Überaktivität dieses Krankheitsbild hervorrufen, auszuschalten. Danach hat man durch neue Verfahren der stereotaktischen Operation die Möglichkeit geschaffen, mit Hilfe von in das Kerngebiet des Gehirns eingeführten Elektroden und einer anschließenden kontinuierlichen Gabe von elektrischen Impulsen unterschiedlicher Stärke, Häufigkeit und Dauer bestimmte Hirngebiete funktionell zu beeinflussen, um dadurch eine Linderung des Krankheitsbildes zu erreichen. Den Verlauf der Erkrankung kann die THS-Operation nicht verhindern. Aufgrund einer im Februar 2013 abgeschlossenen internationalen Studie (Earlystim Studie) empfiehlt man, die THS-Operation schon früher, d. h. schon ca. ab dem 7. Krankheitsjahr in Erwägung zu ziehen.

Das Verfahren wird auch populärwissenschaftlich als Einsetzung eines “Hirnschrittmachers“ bezeichnet. Es ist reversibel, so dass es ggf. später auch wieder rückgängig gemacht und entfernt werden kann. Beim Einsetzen der Elektroden stehen unterschiedliche Zielpunkte zur Verfügung (u. a. STN, PPN, GPi, STN+SNR); dabei werden bei Parkinsonpatienten beide Hirnhälften operiert. Unter der Haut (im Brust- oder Bauchbereich) wird ein Stimulationsgerät eingesetzt, das mit den Elektroden im Gehirn verbunden ist und sowohl durch ein Arztgerät als auch durch ein Patienten-Handgerät gesteuert werden kann. Inzwischen bieten drei Firmen unterschiedliche THS-Stimulationsgeräte a. Es gibt aufladbare und nicht-aufladbare Geräte; die nicht-aufladbaren Geräte müssen nach ca. 5 Jahren operativ ersetzt werden. Bei neueren Stimulationsgeräten können die verschiedenen Parameter für Dauer, Stärke und Häufigkeit des Impulses getrennt und bei den Elektroden verschiedene Ausgänge des Impulses unterschiedlich eingestellt werden. Da alle Leitungsverbindungen und das Stimulationsgerät selbst unter der Haut liegen und somit abgedeckt sind, spricht man auch von einem „geschlossenen System“, das dem Patienten mit THS erlaubt, weiterhin Schwimmen und Baden zu gehen.

Der Erfolg des Eingriffs wird vor Operation durch einen L-Dopa- oder Apomorphin-Test überprüft. Symptome, die nicht auf L-Dopa ansprechen, sind auch mit dem Hirnschrittmacher nicht zu verbessern. Die Operation ist ein durch die gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen anerkanntes und erstattungsfähiges Verfahren. Die Kosten betragen ca. 35-45.000 Euro. Es ist empfehlenswert, die THS-Operation bei entsprechenden Kompetenzzentren für THS (an verschiedenen Universitätskliniken) vornehmen zu lassen.

Da bei beiden Elektroden mehrere verschiedene Stimulationsmöglichkeiten vorhanden sind, bedarf es nach der Operation einer längeren Einstellungsphase, um beim einzelnen Patienten zu einer individuell günstigen Stimulation zu kommen. In der Regel kann nach der THS-Operation die bisherige Medikamenteneinnahme erheblich reduziert werden. Sowohl Stimulation als auch die weitere medikamentöse Therapie sind dabei immer wieder in Einklang zu bringen, um letztlich ein gutes Ergebnis zu erzielen. Auch vor dem Hintergrund einer Langzeitbeobachtung bei der Einsetzung des Schrittmachers im Gehirn sollten mögliche psychische Probleme nicht vernachlässigt, sondern frühzeitig beachtet und therapiert werden.

Für THS-Patienten ist der Erfahrungsaustausch wichtig und wertvoll. Deshalb besteht für sie im Parkinson-Forum Freiburg-Breisgau-Schwarzwald e. V. ein Gesprächskreis “Club THS“ unter Leitung des “Ansprechpartners THS für Patienten und Angehörige“ (siehe Ansprechpartner).